Teatro dell’architettura Mendrisio

Palazzo Turconi und Kanton Tessin

Der Palazzo Turconi, der erste und historisch bedeutende Sitz der Accademia di architettura der Università della Svizzera italiana – USI steht im Zentrum von Mendrisio. Das ab 1853 im neoklassizistischen Stil errichtete Gebäude wurde mit Mitteln aus dem Nachlass des Grafen Alfonso Turconi erbaut, der ein Kulturliebhaber, Politiker und Philanthrop aus Mailand war und 1805 in Paris, seiner Wahlheimat, verstorben ist. Sein Wille war es, ,ein Spital für die Pflege kranker Menschen aus armen, bedürftigen Familien in der Gegend von Mendrisio zu errichten, das vorwiegend den Bewohnern des Kantons Tessin zugutekommt“.
Ursprünglich sollten für die Errichtung des Krankenhauses die Räumlichkeiten des Kapuzinerklosters von Mendrisio umgebaut werden, das noch bis 1848 in Betrieb war. Es stellte sich jedoch schon bald heraus, dass das Gebäude für die Unterbringung eines modernen Krankenhauses nicht geeignet war.

Es wurde daher im Anschluss abgerissen und an seiner Stelle wurde nach dem Entwurf des bekannten Tessiner Architekten Luigi Fontana aus Muggio ein neues Gebäude errichtet. Das Krankenhaus Ospedale della Beata Vergine (OBV), Palazzo Turconi, wurde 1860 eröffnet und ist als solches auch bis 1990 genutzt worden, als dann daneben das heutige Krankenhaus eingeweiht wurde. Seit 1996 finden im Palazzo Turconi die Lehr-und Unterrichtstätigkeiten der Planungsateliers der Accademia di architettura der Università della Svizzera italiana statt. Seit Januar 2021 ist dort auch die renommierte Bibliothek der Accademia untergebracht, deren Planung vom Architekten Marc Collomb aus dem Kanton Waadt betreut wurde. Im Innenhof des Palastes steht zu Ehren des Stifters, des Grafen Alfonso Turconi, eine Statue, die 1868 vom Bildhauer Vincenzo Vela aus Ligornetto angefertigt wurde, in dessen ehemaligen Wohn- und Ateliersitz heute das ihm gewidmete Museum untergebracht ist.

Der Architekt Mario Botta und die Stadt Mendrisio

Mendrisio, zwischen Lugano und Mailand gelegen, ist privilegierte Drehscheibe zwischen der mediterranen Welt und Mitteleuropa. Der in diesem Gebiet ausgeprägte Drang nach kultureller Offenheit findet architektonisch gesehen seit immer seinen Niederschlag in den Werken der aus dieser Gegend stammenden Architekten. Zu nennen sind hier die Maestri Comacini des Mittelalters, die Architekten der Renaissance und des Barocks bis hin zu den grossen Namen des Rationalismus des 20. Jahrhunderts und der zeitgenössischen „Tessiner Architekturschule“. Mendrisio ist die Stadt, in der 1943 Mario Botta zur Welt gekommen ist, der weltweit bekannte Tessiner Architekt, der ab den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts die internationale Architekturszene beeinflusst hat. Er hat Architektur an der IUAV in Venedig studiert und gehört sicherlich zu den Architekten seiner Generation, die „Schule gemacht haben“. Zurückzuführen ist das auch auf seinen wiedererkennbaren und unverwechselbaren Stil. Mario Botta hat mit seinem Engagement und Wirken der städtischen Gestaltung einen besonderen Impuls verliehen und damit auch dem Ort Mendrisio zu weltweiter Bekanntheit verholfen.
Dem Architekten Mario Botta und dem Staatsrat Giuseppe Bufft ist es zu verdanken, dass Mendrisio dann auch 1996 zum Standort erkoren wurde, um dort die Accademia di architettura der Università della Svizzera italiana zu gründen und damit der jahrhundertealten Tradition der Tessiner Baumeister und Architekten Ehre zu erweisen. 25 Jahre nach ihrer Gründung ist die Accademia in Mendrisio zu einer erfolgreichen Talentschmiede geworden, die einen innovativen, interdisziplinären Lehransatz verfolgt, mit dem „humanistische“ und „allgemein gebildete“ Architekten ausgebildet werden, die in unsere heutige Zeit passen.

Der Campus der Accademia di architettura der Università della Svizzera italiana – USI

Am Rande des „Borgo magnifico“, nämlich des Stadtkerns von Mendrisio, ist seit 1996 der Campus der Accademia di architettura der Università della Svizzera italiana – USI angesiedelt. Die Akademie mit ihren verschiedenen Lehrgebäuden bietet reichlich Platz für Ateliers, Werkstätten, Vorlesungen und Forschung.
Im Palazzo Turconi ist seit 2021 die Bibliothek der Accademia untergebracht, mit ihren herausragenden Beständen und Sondersammlungen zur Geschichte der Architektur, Kunst und Fotografie.
Die Villa Argentina, die 1872 vom einheimischen Architekten Antonio Croci erbaut wurde, ist Sitz der Direktion, der Verwaltung und des Sekretariats der Accademia, des Forschungsinstituts zur Geschichte der Alpenregion «Laboratorio di Storia delle Alpi» sowie des akademieeigenen Verlagshauses «Mendrisio Academy Press». In der grossen historischen Parkanlage der Villa Argentina befinden sich ausserdem die Dependance, welche das Institut für Stadt-und Landschaftsplanung der Akademie beherbergt sowie der Palazzo Canavée, der nach dem Entwurf der Züricher Architekten Patrik Zurkirchen und Amr Soliman 2002 fertiggestellt wurde. Dort sind Vorlesungsräume, Planungsateliers, Labore, Büros und Gemeinschaftsräume untergebracht.
Einen Blick auf den Park bietet auch das anliegende historische Wohn- und Gasthaus Vignetta, der Sitz des Instituts für Kunsttheorie, Kunst- und Architekturgeschichte, indem sich des Weiteren auch die Cafeteria und das Restaurant der Accademia befinden.
Zum Campus gehören auch das nur wenige Minuten entfernt gelegene Studentenwohnheim «Casa dell’Accademia», welches von den Tessiner Architektinnen Carola Barchi und Ludovica Molo entworfen wurde, das bis zu 72 Studenten in 18 geräumigen Appartements beherbergen kann.
In Balerna hingegen befindet sich ad interim das Archivio del Moderno – USI in dem sowohl historische als auch zeitgenössische Nachlässe von Architekten, Künstlern, Fotografen aufbewahrt werden.
Das nach dem Entwurf Mario Bottas im Jahr 2018 fertiggestellte Bauwerk Teatro dell’architettura Mendrisio ist ein Forum für Sonderausstellungen, Veranstaltungen und öffentliche Debatten.

Das „Teatro“ für eine „Architektur, die Schule macht“

Das Teatro dell’architettura Mendrisio wurde 2018 eingeweiht und vervollständigt seit diesem Moment den Campus der Accademia di architettura dell’Università della Svizzera italiana. Es wurde nach dem Entwurf Mario Bottas in Zusammenarbeit mit der Fondazione Teatro dell’architettura Mendrisio und der Università della Svizzera italiana verwirklicht.
Der im Vergleich mit anderen Schweizer und europäischen Universitätscampus aussergewöhnlich gut ausgestattete Campus beherbergt dieses Gebäude, das eine Verbindung aus musealem Raum und Theater unserer Zeit darstellt. Es wurde als Ort entworfen, in dem die Ausdrucksformen gefördert werden, die aus der Begegnung unterschiedlicher Disziplinen entstehen und als Werkzeug zugunsten der kulturellen Debatte über Architektur und Landschaft des Gebietes, zu dem diese gehören, dient. So können neue Initiativen vorangebracht werden, mit denen die von der Accademia di architettura angebotene Ausbildung für die 800 Studierenden ergänzt wird.
Mit seinen Sonderausstellungen, Veranstaltungen und öffentlichen Debatten verleiht diese Stätte auch den bildenden Künsten Sichtbarkeit, d. h. jenen „Darstellern“ der zeitgenössischen Kunst, der Fotografie, des Kinos und des Tanzes, die immer häufiger die Arbeitsabläufe und Projekte beeinflussen, die das Verhältnis zwischen Mensch und Umwelt neugestalten. Somit entstand ein Teatro zur Förderung einer „Architektur, die Schule macht“, denn in der Accademia Mendrisio wird eine neues fachliches Empfindsamkeit Feingefühl im Bereich der Architektur, der Stadt- und Landschaftsplanung gelehrt, wo durch die dank mit dem vermittelten Inhalt gleichzeitig aber auch die Architektur der Zukunft auf vorausschauende Weise gelenkt und beeinflusst werden soll.